Meinung: Superprovisorische Verfügungen sind Pyrrhussiege
In der Medienarbeit ist die superprovisorische Verfügung ein Mittel, um unliebsame Berichterstattung zu unterdrücken. Der vermeintliche Erfolg ist teuer erkauft.
Er wähnte sich als Sieger. Doch dann ging es – in die Hose. Die Rede ist von Guy Lachappelle, dem ehemaligen Raiffeisen-Präsidenten. Sie kennen die Geschichte: Eine unglückliche Liaison. Verletzte Gefühle. Grosse Egos. Schlechter Rat. Nur Verlierer.
Der Sonntagsblick wurde auf ein Büchlein aufmerksam – möglicherweise gemacht. In einem der Protagonisten wurde Guy Lachappelle vermutet und damit konfrontiert. Es kam zu einer Aussprache zwischen den Journalisten und dem Raiffeisen-Präsidenten. Als Folge liess letzterer den angedachten Artikel mit unsauberen Winkelzügen und einer superprovisorischen Verfügung unterbinden.
Das weckte den Zorn des Sonntagsblicks. In einem kurz nach der Publikation vom Verlag gelöschten Artikel wurde das Vorgehen von Guy Lachappelle geschildert. Der Tenor: «So nicht». Die Wirtschaftsredaktionen in der Schweiz waren ganz Ohr. Lachappelle angezählt. Wenig später führte ein «Daten-Leak» zu seinem Knock-out. Weitere K.O.-Schläge sind als Folge dieser Affäre nicht ausgeschlossen.
Was wäre geschehen, wenn der Raiffeisen-Präsident die Journalisten nicht mit einer superprovisorischen Verfügung vermeintlich mundtot gemacht hätte? Persönlich glaube ich, dass er die Affäre, die bereits seit geraumer Zeit zu Ende war, als Raiffeisen-Präsident hätte überleben können. Denn seine bis heute ungenannte, wenn auch geoutete Gegenspielerin, scheint nicht ohne Fehl und Tadel zu sein. Und der genannte Grund für seinen Rücktritt ist doch eher unerheblich.
Superprovisorische Verfügungen lösen auf Redaktionen denselben Effekt aus, wie wenn am Nachbartisch im Restaurant geflüstert wird. Man hört hin. Ein unliebsamer Artikel kann verhindert werden, doch aus der Welt ist die Geschichte nicht. Jede Handlung einer Person oder eines Unternehmens wird danach von den Eingeweihten besonders scharf beäugt. Pyrrhussiege sind das.
Wer den Zweihänder superprovisorische Verfügung führt, wirkt wie ein Berserker und nicht wie jemand, der mit dem Florett ficht und mit leichter Hand für die eigene Sache kämpft. Rät Ihnen eine Anwältin oder ein Berater zur superprovisorischen Verfügung, dann denken Sie an Guy Lachappelle.