Verhandeln – sieben Tipps aus der Praxis
Wir alle tun es. Sei es mit Geschäftspartnern, Kindern und anderen Quälgeistern. Doch auf was kommt es beim Verhandeln eigentlich an? Sieben Dinge, die es sich zu merken gilt.
Wer meint, dass nun ein paar Daumenregel folgen, die es einem erlauben, jede Verhandlung zu seinen Gunsten zu entscheiden, kann hier aufhören zu lesen. Verhandelt wird eben meist erst dann, wenn eine gütliche Einigung nicht in Sicht ist. Beidseitig einvernehmliche, konstruktive Lösungen und Win-Win-Situationen, wie es das Harvard-Modell nahelegt, sind im Alltag rar, wie die meisten aus eigener Erfahrung wissen.
1. Realistisch sein
Verhandeln ist ein Nullsummenspiel. Daher ist es entscheidend, gut vorbereitet zu sein. Und es ist entscheidend zu erkennen, ob man eine Alternative zu einer möglichen Verhandlungsübereinkunft hat und wie diese aussieht. In der Fachsprache ist von BATNA (Best Alternative To Negotiated Agreement) und WATNA (Worst Alternative To Negotiated Agreement) die Rede. Man kann von niemandem verlangen, einer Einigung zuzustimmen, für die es eine bessere Alternative gibt.
2. Verhalten der Gegenpartei spiegeln
Abgeleitet aus dem Modell «interpersonale Verhandlungsstrategien» von Robert Selman kann nur stufengerecht verhandelt werden. Ist man mit Strategien unreflektierter Gewalt, die zur Erreichung individueller Ziele angewandt werden, konfrontiert, dann gilt es zurückzuschlagen. Appelle an das bessere Ich des Anderen bringen nichts. Die Wange hinzuhalten mag moralisch erhaben sein, eine erfolgreiche Verhandlungstaktik ist es nicht. In der Spieltheorie ist diese Erkenntnis als «tit for tat»-Strategie bekannt. Das Verhalten der Gegenpartei ist jederzeit zu spiegeln – im Guten wie im Schlechten.
3. Keine Trotzreaktionen provozieren
Es gilt, wenig Reaktanz zu erzeugen. Wikipedia meint dazu: «Die betroffene Handlungsmöglichkeit kann der Person zuvor völlig unwichtig gewesen sein. Im Extremfall hat die Person von dieser Handlungsmöglichkeit vor dem Eintreten der Beschränkung nie Gebrauch gemacht. Reaktantes Verhalten besteht darin, solche Handlungen nun erst recht auszuführen.» Etwas weniger verschwurbelt – provozieren Sie keine Trotzreaktionen.
4. Ehrlich sein
Lügen bringen nichts. Punkt.
5. Pausen einlegen
Ein Snickers essen. Pausen sind sehr wichtig beim Verhandeln. Wenn es nicht weitergeht, ist es sinnvoll, die Gespräche zu unterbrechen. Das kann beiden Parteien helfen, sich klarer über die eigene Position zu werden und sich für eine Einigung zu öffnen oder auch nicht.
6. Gemeinsame Interessen erkennen
Verhandeln ist einerseits ein Miteinander (gemeinsame Interessen) und ein Gegeneinander (partikuläre Interessen). Interessen sind nicht argumentierbar, aber sie können koordiniert werden. Zu unterscheiden ist dabei, ob ein Argumentations-, ein Ergebnis- oder ein Hintergrundkonsens besteht. Die Bedeutung rationaler Argumente wird in Verhandlungen meist massiv überschätzt. Das Zustandekommen einer Verhandlungseinigung hängt kaum von der Güte der hervorgebrachten Argumente ab, sondern davon, ob es gemeinsame Interessen gibt. Und wenn von den gemeinsamen Interessen ausgegangen wird, dann zeigen sich die Differenzen unverzüglich. Umgekehrt gilt das jedoch nicht.
7. Fit bleiben
Körperliche und geistige Fitness sind entscheidend, um gegen Ende einer langwierigen Verhandlung hartnäckig bleiben zu können. Ausdauer- und Kraftsport wirken sich auch auf die Verhandlungspower positiv aus.
Wer sich intensiver mit der Verhandlungstheorie und -praxis auseinandersetzen will, dem sei zu den Weiterbildungskursen der Uni Fribourg geraten. Der Dozent Prof. Dr. Roland Reichenbach führt durch die zweitägigen Lehrgänge mit Verve und Esprit.